Das Voerså-Ruder

Dänemarks besterhaltenes Seitenruder aus der Wikingerzeit

Dieses einzigartige Ruder zeugt vom Leben an der Ostküste Nordjütlands bereits in der Wikingerzeit. Es erzählt auch von beeindruckender Ingenieurskunst und stellt Bezüge zum weltberühmten Wandteppich von Bayeux her. Jetzt wurde die Ausstellung des Ruders mit Hilfe der Stiftung Spar Nord aktualisiert

 

Die Reisen des Voerså-Ruders

In der Wikingerzeit diente das Ruder zur Steuerung eines Handelsschiffs, das vielleicht zwischen Dänemark, Norwegen und Schweden unterwegs war. Irgendwann landete das Ruder auf dem Meeresgrund, wo es 1.000 Jahre lang verborgen lag. Das Ruder wurde vom Sand auf dem Meeresgrund bedeckt, was wichtig ist, weil es dadurch auf natürliche Weise konserviert wurde..

Im Frühsommer 1958 verfing sich etwa 2 Kilometer vor Voerså ein großes Holzobjekt im Schleppnetz des Skippers Riis Sørensen aus Læsø. Der Fischer erkannte sofort, dass es sich nicht nur um ein Stück Treibholz handelte, und nahm das Holzstück mit an Land. Nach einigen Tagen schickte er das Objekt als Geschenk an das Bangsbo-Museum (heute Kystmuseum Bangsbo). Dort stellte man fest, dass es sich um ein sehr gut erhaltenes Ruder aus der Wikingerzeit handelte. Das Ruder wurde auf die Mitte des 10. Jahrhunderts datiert, als Harald Blauzahn und Knut der Große Anspruch auf Dänemark und Norwegen erhoben.

Die Reise des Voerså-Ruders von Læsø nach Bangsbo ist nur ein kleiner Teil der ”Reiseabenteuer” des Ruders. Im Jahr 1980 war das Ruder sowohl in London als auch in New York zu sehen. Dort war es Teil von Ausstellungen im British Museum bzw. im Metropolitan Museum.

Im Jahr 2006 wurde das Voerså-Ruder erneut ausgeliehen. Diesmal an das Nationalmuseum in Kopenhagen und anschließend an Bayeux in der Normandie. Sowohl in Kopenhagen als auch in Bayeux wurde das Ruder zusammen mit dem berühmten Wandteppich von Bayeux, bzw. einer Kopie davon, gezeigt. Der Teppich von Bayeux ist ein 70 Meter langer Wandteppich, auf der die Schlacht um die englische Krone dargestellt wird. Auf ihm ist die gleiche Art von Ruder abgebildet  - eine gleichzeitige Ausstellung mit dem Voerså-Ruder war also eine perfekte Kombination.

Nach vielen langen Reisen kehrte das Ruder nach Hause zurück. Es erhielt seinen festen Platz in der Ellingå-Schiffshalle des Kystmuseums in Bangsbo, wo es viele Jahre lang ausgestellt war. Doch mit der Zeit kamen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit des Ruders. Deshalb wurde die Ausstellung des Ruders jetzt neu konzeptioniert. Es ist nun besser geschützt und gleichzeitig wird die spannende Geschichte des Exponats nun viel besser vermittelt. Die neue Aufhängung des Ruders wurde durch die Unterstützung der Stiftung Spar Nord ermöglicht.

 

DER WANDTEPPICH VON BAYEUX

Der Wandteppich von Bayeux ist ein ca. 70 m langer und 0,5 m hoher Wandteppich, der mit Wollgarn in acht Farben auf Leinen gestickt ist. Er zeigt die Eroberung Englands durch den Normannenherzog Wilhelm mit der Schlacht von Hastings im Jahr 1066 sowie Teile der Vorgeschichte der Schlacht.

Denstoredanske.lex.dk

Wo ist das Schiff?

Als das Ruder gefunden und als Wikingerruder identifiziert wurde, war das Interesse groß, das dazugehörige Wikingerschiff zu finden. Es wurden große Anstrengungen unternommen. Doch trotz mehrerer Tauchgänge in dem Gebiet vor Voerså wurde das Schiff nie gefunden. Vielleicht liegt es noch immer unter dem Sand vor der Küste bei Voerså.

Das Ellingå-Schiff

Das Voerså-Ruder ist in der Halle zu sehen, in der auch das Ellingå-Schiff ausgestellt ist. Beide Artefakte zeugen vom Leben und den Aktivitäten in der Region von der Wikingerzeit bis zum frühen Mittelalter. Das Ellingå-Schiff wurde im Ellingå nördlich von Frederikshavn gefunden und auf das Jahr 1163 datiert. Wir nennen das Schiff auch "Wikingerschiff aus dem Mittelalter", weil es in seiner Bauweise viel mit den uns bekannten Schiffen aus der Wikingerzeit als auch des Mittelalters gemeinsam hat. Es ist ein einzigartiges Beispiel für die Entwicklung der Bautechniken von der Wikingerzeit bis zum frühen Mittelalter. Das Ruder des Ellingå-Schiffs wurde nie gefunden. Das Voerså-Ruder ist jedoch ein ähnliches Ruder und daher ein fantastisches Artefakt, das zusammen mit dem Schiff ausgestellt werden kann.

Zeugen des Lebens

Bevor es in Skandinavien Straßen- und Brückenverbindungen, Flugrouten, Internet und Telekommunikation gab, erfolgten alle Kontakte zwischen den Ländern auf dem Seeweg. Ob ein Schiff mit Kriegern oder Waren beladen war, ob es Krieg oder Frieden brachte, der Seeweg machte es möglich.

Auf diese Weise sind Dänemark, Norwegen und Schweden schon länger miteinander verbunden als schriftliche Quellen darüber berichten. Es ist daher auch kein Zufall, dass das Voerså-Ruder im Kattegat gefunden wurde, das viele Jahrhunderte hindurch das Zentrum des skandinavischen Seeverkehrs war. 

Weitere Hinweise auf eine frühe Besiedlung der Gegend geben auch die Kirchen in Flade und Elling, die beide aus dem 13. Jahrhundert stammen, sowie das Herrenhaus von Bangsbo, das auf das Jahr 1364 zurückgeht. Auch der Strandby-Schatz, ein Silberschatz, der auf das Jahr 990 datiert wird, bezeugt dies. Der Silberschatz stammt ungefähr aus demselben Zeitraum wie das Voerså-Ruder, was darauf hindeutet, dass es in der Gegend bereits in der späten Wikingerzeit und bis ins frühe Mittelalter hinein Besiedlung gab.